Point-And-Shoot #10: Bao BaoD.C.s allerjüngste Berühmtheit lebt weder im Weißen Haus noch im Capitol und ist weder Business Woman noch TV Celebrity. Mit ihrem zarten Alter von nicht einmal sechs Monaten wäre die junge Dame dafür auch noch viel zu jung. Dennoch kennt in der Stadt fast jeder ihren Namen und Bilder von ihr sind auf der ganzen Welt zu sehen. Die Rede ist von Bao Bao, dem jüngsten Pandabären-Nachwuchs im National Zoo. Das am 23. August geborene Wollknäuel wiegt mittlerweile 20 Pfund, erfreut sich bester Gesundheit und ist seit dem 18. Januar normalen Besuchern zugänglich. Mit etwas Glück ist es im Panda-Haus nicht allzu voll und mit noch mehr Glück trifft man das Bärchen sogar wach an. Bei täglich zwanzig Stunden Schlaf ist die Wahrscheinlichkeit dafür..., na ja, das kann sich ja jeder selber ausrechnen.
Der Zoo macht natürlich einen Riesenwirbel um Bao Bao. Überall weisen Schilder auf den Nachwuchs hin, der "Asia Trail", der um das Panda-Gelände herum führt, wurde wegen des zu erwartenden Andrangs zur Einbahnstraße erklärt und an allen Ecken und Enden werden Plüschbären als Souvenirs verkauft. Die Panda-Bären haben ihre eigene Website und werden Tag und Nacht von Web-Cams beobachtet. Überall auf der Welt wurden Bilder von Bao Bao gezeigt und das letzte Smithonian Magazine hatte den kleinen Panda mit einem Foto von Tim Flach auf der Titelseite. Verstehen kann man's, schließlich ist Panda-Nachwuchs in Gefangenschaft sehr selten und nur wenige Zoos auf der ganzen Welt hatten damit Glück. Seit den 70er Jahren, als dem Washingtoner Zoo von China die ersten beiden Pandabären geschenkt wurden, spielen sie hier natürlich eine besondere Rolle. Wer (gute) Fotos machen will, wird seine "Freude" haben, denn es gibt eine ganze Reihe von Herausforderungen zu meistern. Erste Schwierigkeit ist es, Bao Bao wach anzutreffen, denn wie gesagt, meistens schläft sie. Offenbar ist sie vormittags am aktivsten, tatsächlich habe ich meine Bilder - nach einiger Wartezeit und mehreren erfolglosen Anläufen - morgens zwischen elf und zwölf bekommen. Zweitens ist das Licht sehr schlecht, und drittens sind die Bären ein gutes Stück von den Besuchern entfernt und durch eine dicke grünliche Glasscheibe von ihnen getrennt.
Man braucht also eine Kamera mit einem empfindlichen Sensor und ein lichtstarkes Objektiv mit einer Brennweite von mindestens 200 mm. Selbst bei ISO 800 und Blende 2.8 muss man Verschlusszeiten von 1/30 Sekunde oder länger einkalkulieren und die Verwackelungsgefahr ist groß. Point-And-Shoot-Kameras oder Smartphones kommen hier sehr schnell an ihre Grenzen. Auch eine Spiegelreflex-Kamera mit ihrem normalen, relativ lichtschwachen Kit-Objektiv ist nicht die allerbeste Wahl. Erfolgreiche Tierfotografen haben ein ähnliches Schicksal wie Sportfotografen: sie müssen in aller Regel mit dem größten, teuersten und schwersten Equipment arbeiten, das für Geld zu haben ist. Oft liegt Bao Bao in einer der Mulden in den Felsen oder in einer Plastikwanne und kann nur von großen Leuten überhaupt gesehen werden. Ein Fotoapparat mit ausklappbaren Monitor ist eine echte Hilfe, damit kann man die Kamera über den Kopf halten und von oben fotografieren. Letzte Herausforderung ist der Besucherandrang, man muss schon etwas drängeln, um freie Sicht auf die Bären zu haben. Bei der kleinsten Regung wird es voll vor den Scheiben, keine Ahnung, wo all die Leute so schnell herkommen.
Wie auch immer, der Versuch lohnt sich und selbst Schnappschüsse mit dem Handy taugen als Erinnerung, wenn die Ansprüche nicht zu hoch sind. Und wenn es gar nicht klappen sollte mit den Bildern, ist das Panda-Hause auch ohne Fotos einen Besuch wert.
Die kleine Bärendame und ihre Eltern schaffen es mühelos, die (nicht nur) weiblichen Besucher in allergrößte Entzückung zu versetzen.
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